Portfoliotheorie (4) – Was bringt Rebalancing?

In den letzten 3 Teilen der Serie „Portfoliotheorie“ ging es im Wesentlichen darum, wie Risiken mit Hilfe des Maximum Drawdowns gemessen, das eigene Risikoprofil bestimmt und Risiken durch Diversifikation minimiert werden können.
Abschließend stellt sich die Frage, wie aktives Risikomanagement durch regelmäßiges Rebalancing Risiko und Rendite beeinflusst.

Das Risiko von Buy and hold

Investieren könnte so einfach sein. Wieso nicht einmalig das eigene Risikoprofil bestimmen, darauf basierend ein breit diversifiziertes Portfolio aus Aktien, Anleihen, Immobilien, Cash, etc. aufbauen und den Markt und die Zeit für sich arbeiten lassen?

Leider ist dies nicht so einfach möglich. Denn in der Regel weisen die verschiedenen Assetklassen im Zeitverlauf eine unterschiedliche Wertentwicklung auf. Dies führt dazu, dass sich deren Gewichtung, und damit auch das Risiko, im Portfolio verändern.

Die nachfolgende Tabelle zeigt wie sich der Anteil von Aktien und Anleihen von 2010 bis heute verändert hätte, falls zu Beginn eine Aktienquote von 60% und eine Anleihequote von 40% festgelegt wurde.
Zur Analyse wurden zwei ETF exemplarisch ausgewählt. Der Aktienanteil wird über den iShares Core MSCI World (ISIN IE00B4L5Y983) und der Anleiheanteil über den Xtrackers Global Sovereign (ISIN LU0378818131) abgebildet.

Ohne Rebalancing wäre in den letzten knapp 11 Jahren der Aktienanteil von 60% auf beinahe 80% gestiegen. Und damit hätte sich das Risiko im Portfolio des Investors drastisch erhöht.
Durch regelmäßiges Rebalancing wird jedoch das Portfolio im Gleichgewicht gehalten. Je häufiger das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt wird, desto geringer ist die Abweichung von der gewählten Allokation.

Assetklasseohne Rebalancingjährliches Rebalancingvierteljähriges Rebalancing
Aktien76,66 %58,01 %60,72 %
Anleihen23,34 %41,99 %39,28 %
Auswirkung Rebalancing auf Aktien-/ Anleihequote im 60/40 Portfolio | Zeitraum 01.01.2010 bis 09.09.2020 | Stand: 09.09.2020

Wie funktioniert Rebalancing?

Nehmen wir an, dass ein Investor stets 50% in Aktien und 50% in Cash investieren möchte. Zu Beginn stehen ihm 10.000 EUR zu Verfügung, die er entsprechend aufteilt.

Nach einem Jahr hat sein Aktiendepot einen Wert von 5.500 EUR, die Cash-Position steht weiterhin bei 5.000 EUR. Somit umfasst das Portfolio des Investors nun ein Vermögen von 10.500 EUR.
Damit die ursprüngliche 50/50-Allokation wiederhergestellt wird, muss der Anleger Aktien im Wert von 250 EUR verkaufen und der Cash-Position hinzufügen.

Im nächsten Jahr verlieren die Aktien an Wert und reduzieren sich von 5.250 EUR auf 4.750 EUR. Der Wert der Cash-Position bleibt bei 5.250 EUR unverändert.
Nun verwendet der Investor 250 EUR aus der Cash-Position, um Aktien nachzukaufen und stellt damit die ursprünglich gewählte Gewichtung wieder her.

Das einfache Beispiel zeigt einen weiteren Vorteil von Rebalancing. Da stets die schwächer rentierende Anlageklasse nachgekauft und die besser rentierende Anlageklasse verkauft wird, handelt der Investor antizyklisch und schwimmt folglich bei seinem Investment immer gegen den Strom.

Wie wirkt sich Rebalancing auf Risiko und Rendite aus?

Betrachten wir erneut die letzten knapp 11 Jahre, dann hätte das 60/40 Portfolio ohne Rebalancing eine höhere Rendite als die Portfolios mit Rebalancing erzielt. Allerdings nimmt das Risiko in Form das Maximum Drawdowns um etwa 6% zu.
Der Anstieg des Risikos und der Rendite ist auf die im Zeitverlauf gestiegene Aktienquote zurückzuführen. Siehe dazu die Ausführungen weiter oben.

Die beiden Portfolios mit Rebalancing unterscheiden sich in der Häufigkeit der Umschichtung. Interessanterweise erhöht das quartalsweise Rebalancing im Vergleich zum jährlichen Rebalancing die Rendite um ca. 0,15% pro Jahr. Und das Beste daran ist, dass das Risiko in Form des Maximum Drawdowns quasi konstant bleibt.

Eine Morningstar Studie wies diesen Zusammenhang für ein 60% Aktien- und 40% Renten-Portfolio ebenfalls nach.
In den letzten 15 Jahren wäre der Maximum Drawdown bei jährlichem Rebalancing sogar etwas geringer als bei einer quartalsweisen Umschichtung gewesen. Dennoch gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen täglichem, monatlichem, quartalsweisen und jährlichem Rebalancing. Hingegen hat jede Form des Rebalancing das Risiko im Vergleich zu einem Buy and Hold Portfolio minimiert.

Völlig überraschend war, dass über den vollständigen Zeitraum der Analyse (Januar 1994 bis März 2020) das Portfolio mit täglichem Rebalancing eine jährliche Rendite in Höhe von 8,33% erzielte. Hingegen hätte das Buy and Hold Portfolio „nur“ 8,27% erzielt.
Das Portfolio mit jährlichem Rebalancing erzielte allerdings auch die gleiche Rendite wie das Buy and Hold Portfolio.

Empfehlungen für das Rebalancing

Sowohl die Morningstar Studie als auch meine eigene Analyse zeigen, dass regelmäßiges Rebalancing das Risiko minimiert und die Häufigkeit eher eine untergeordnete Rolle spielt.

Wer monatlich über einen Sparplan in verschiedene ETFs investiert, dem bietet sich einfach und kostenneutral die Möglichkeit, das Rebalancing über eine veränderte Sparrate monatlich oder mehrmals pro Jahr anzupassen.
Falls jedoch das Rebalancing über den Verkauf von Anteilen finanziert werden muss, dann rate ich zu einer jährlichen Frequenz. Andernfalls können nämlich Transaktionskosten und Steuern den Renditevorteil schnell mindern.

Take-aways

  • In einem breit diversifizierten Portfolio verändert sich im Zeitverlauf die ursprünglich gewählte Gewichtung zwischen den verschiedenen Assetklassen.
  • Damit verändert sich auch das Risiko im Portfolio.
  • Regelmäßiges Rebalancing stellt die ursprünglich gewählte Gewichtung und das damit verbundene Risiko wieder her.
  • Rebalancing führt im Vergleich zu einer Buy and Hold Strategie zu annähernd vergleichbaren Renditen bei einem geringem Risiko.
  • Und schließlich ist die Häufigkeit des Rebalancing nicht wirklich signifikant. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit der Portfolio-Anpassungen.

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