In den letzten Jahren haben Dividenden eine große Beliebtheit erlangt. So gibt es zahlreiche Investoren, die entweder direkt in Dividendentitel investieren oder entsprechende ETFs erwerben. Über die Motive der Investoren lässt sich trefflich streiten und Vermutungen anstellen.
Dies ist jedoch nicht das Ziel dieses Artikels. Er soll vielmehr einen Blickwechsel ermöglichen und zur Diskussion anregen.
Warum interessieren sich zahlreiche Anleger für Dividenden?
Der Investor und Autor Christian W. Röhl war sicherlich nicht ganz unschuldig an der dieser Entwicklung. Mit seiner Website Dividendenadel und dem äußerst lesenswerten Buch „Cool bleiben und Dividenden kassieren“ beschreibt er eine durchaus interessante Methode, wie Investoren langfristig in Aktien investieren können.
Im Wesentlichen geht es darum, ausschließlich Aktien auszuwählen, die kontinuierlich eine solide Dividendenrendite ausschütten und diese regelmäßig steigern. Weiterhin ist es wichtig, dass die Höhe der Dividenden bezogen auf den Gewinn nicht zu gering, aber auch nicht zu großzügig ist. (siehe Magisches Viereck der Dividendenqualität)
So soll sichergestellt werden, dass nur in Unternehmen investiert wird, die in der Vergangenheit solide gewirtschaftet haben. Von solchen Unternehmen wird folglich angenommen, dass der geschäftliche Erfolg sich auch in der Zukunft fortsetzen wird.
Meiner Meinung nach ist diese Strategie für Investoren sinnvoll, die regelmäßige Einkünfte aus einem Investment in Aktien erzielen und dabei nur solide Unternehmen mit einem Qualitätsfilter selektiert möchten.
Dies trifft mehrheitlich auf Investoren zu, die sich in der Entsparphase befinden und (einen Teil) ihres Lebensunterhaltes aus dem angesparten Vermögen bestreiten möchten.
Was motiviert aber Investoren in der Ansparphase?
Auch wenn es charmant wäre regelmäßig Auszahlungen in Form von Dividenden zu erhalten, sollte man sich die Frage stellen: „Wofür benötige ich jetzt Dividenden?“.
Denn in der Ansparphase wird sowieso regelmäßig über Sparpläne oder Einmalzahlungen in das Portfolio eingezahlt.
Und würden Dividenden nun mehr motivieren als steigende Kurswerte? Eher nein.
Denn eine Auszahlung in Form einer Dividende würde entweder sofort wieder eingezahlt oder konsumiert werden. Letzteres wäre absolut schädlich für den Vermögensaufbau.
Aber auch wenn die Dividende wieder investiert wird, fällt bei jeder Dividendenzahlung Kapitalertragssteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls auch noch Kirchensteuer an. Damit reduziert sich das Einkommen um mindestens 26,38% oder unter Berücksichtigung der Kirchensteuer um 27,99%.
Nach Steuern würde sich also der Depotwert durch die Dividendenzahlungen verringern.
Ein kleines Gedankenexperiment zu Dividenden
Zur Auswahl stehen 2 unterschiedliche Aktien des gleichen Unternehmens.
Aktie A und Aktie B kosten am 01.01.2020 100 EUR. Ein Jahr später steht Aktie A bei 105 EUR und es wurden 3,86 EUR Netto-Dividende ausgezahlt.
Aktie B steht nach einem Jahr bei 110 EUR und es wurde keine Dividende ausgezahlt.
In welche Aktie investiert du?
Wenn deine Wahl auf Aktie A fällt, dann solltest du noch einmal genau nachrechnen.
Da in diesem Beispiel beide Aktien zum gleichen Unternehmen gehören, müssen die dargestellten Werte identisch sein. Aktie A hat aufgrund der Ausschüttung der Dividende einen geringeren Kurswert. Und nach Steuern ist die Netto-Dividende geringer als Wert der Kursdifferenz zwischen Aktie A und Aktie B.
Rational betrachtet ist also die Dividendenstrategie für einen Investor in der Ansparphase völlig kontraproduktiv. Denn mit jeder Dividende reduziert sich der Investmenterfolg um den jeweiligen Steuerbetrag.
Fazit
Wer den Vermögensaufbau mit Einzelaktien betreiben möchte, benötigt Kriterien zur Aktienauswahl. Hier können Qualitätskriterien, wie das oben genannte Magische Viereck, eine enorme Hilfe sein.
Solange klar ist, dass Dividenden kein Perpetuum mobile im Vermögensaufbau darstellen, sondern diesen aufgrund des Steuereffektes sogar einschränken können, ist dagegen nichts einzuwenden.
Wer jedoch den Vermögensaufbau breit gestreut über ETFs gestalten möchte, sollte tendenziell auf Ausschüttungen verzichten und thesaurierende ETFs wählen. Siehe hierzu auch Tipp #9 der 10 Tipps zum erfolgreichen Investieren.
Die Vorteile von thesaurierenden ETFs hat u.a. Gerd Kommer sehr ausführlich für die unterschiedlichen Lebenslagen dargestellt.
Und wer glaubt, dass ein thesaurierender ETF in der Entsparphase nicht für regelmäßige Zahlungen sorgen kann, dem sei gesagt, dass der Verkauf von Anteilen die gleiche Wirkung erzielt, wie die Zahlung von Dividenden.
Denn der Erfolg eines Investments ist die Summe aus Kursentwicklung und Dividendenzahlungen. Und thesaurierende ETFs beinhalten Dividenden in Form eines höheren Kurswerts.
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Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Bildung und der persönlichen Unterhaltung. Er stellt weder eine Rechts-, Anlage- oder Steuerberatung oder eine Aufforderung zum Kauf / Verkauf der erwähnten Finanzinstrumente (Wertpapiere, ETFs, etc.) dar.
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